Hannah Yata

Pennsylvania

Malerei

Contemporary // Surrealism, Symbolism, Feminism, Psychedelic Art

2012 Graduation University of Georgia

“Cradle of Sin”, 121x121cm, Öl auf Leinwand, 2019

©G-allery

 Hannah Yata ist eine in Pennsylvania, USA, arbeitende Künstlerin mit Soloshows weltweit. 

Bei Betrachtung der Gemälde von Hannah Yata, sehen wir uns einer überbordenden, kraftvollen Natur gegenüber. Das detaillierte Panoptikum an organischen und psychedelischen Formen lässt das Auge endlos durch den Bildraum wandern. Weibliche Körper in kraftvoller Pose, exotische Pflanzen in koloristischer Feier und magische Tierwesen, die in das Reich der Fabeln gehören könnten. Schönheit liegt hier im visuellen Ausdruck von Stärke und Vitalität – der erhabenen Lebendigkeit einer sich stetig wandelnden Mutter Natur. 

Yata’s Traumlandschaften lassen uns die Wirkung der mystischen, im Unterbewusstsein schlummernden Archetypen und die Sehnsucht nach einer beseelten Umgebung spüren. Der Paradiesgarten ist hier jedoch keine Metapher weiblicher Jungfräulichkeit, sondern eine unberechenbare Wildnis voller Ambivalenz. 

Welche Geheimnisse hüten die Fabelwesen, diese Welt, die für uns unzugänglich bleibt? Wie können wir uns als Teil unserer natürlichen Umwelt begreifen? Ist unsere Körperlichkeit unsere Verwundbarkeit? 

Hannah Yata setzt sich mit diesen Fragen künstlerisch auseinander, ist gleichermaßen Inspirierte und Kreierende eines mystischen Blicks auf die Natur. 

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BILDSPRACHE

Hannah Yata’s Bildwelten, so bunt und extrovertiert sie auf den ersten Blick wirken mögen, bleiben rätselhaft.

Die Wesen, die sie uns vorstellt, scheinen ambivalent, bizarr oder ein Geheimnis zu hüten. Die dargestellten Figuren sind in keine konkrete Erzählung eingebunden, vielmehr werden sie uns typologisch vorgestellt und physiognomisch beschrieben. Ohne dass sie selbst handeln, wandeln sie sich in dem ständigen Abgleich unserer Erwartung mit dem Bild, das wir von ihnen gezeigt bekommen. Trotz der Segmentierung von Bild- und Körperteilen, der an vielen Stellen vorgenommenen Deformation, Dopplung, Verschränkung; der zahlreichen Bewegungs- und Blickachsen, lässt Yata ein rhythmisiertes Ganzes entstehen – bringt die lebhafte Vielheit in eine bildliche Einheit. Separation und Symbiose stehen in größtmöglichem Spannungsverhältnis und werden in unendlicher Formenvielfalt dekliniert. 

Hannah Yata führt uns in eine fantastische Traumwelt, ins Reich des Irrationalen. Ihre Bildsprache spricht unsere Intuition an, ruft spontane Empfindungen und Assoziationen hervor. Körper entstehen und vergehen in einem Schwall der Ornamentik, Ornamente werden zu Masken. Yata befragt in immer wiederkehrenden Motiven den Körper als Medium für biologische, aber auch kulturelle und soziale Implikationen. So weisen Körperbemalungen auf Tätowierungen, auf Naturvölker und archaische Kulturen hin, innerhalb derer sie Ausdruck von gesellschaftlicher Stellung, aber auch mystischer Rituale und Vorstellungen sind. Wo übernimmt der biologische Körper den sozialen? Der Natur- den Kulturraum? Das Irrationale das Rationale? 

Immer wiederkehrende, kulturübergreifende Motive machen deutlich, dass wir uns in einem symbolisch aufgeladenen Bildraum befinden, der die Mannigfaltigkeit der menschlichen Beziehung zur Natur befragt.  Auf diese Weise setzt Yata die Integration von Bildern westlicher und östlicher, zeitgenössischer und archaischer Kulturen fort.

Ihre Gemälde entsprechen keiner klassischen Kunstgattung. Sie sind vielmehr Ausdruck einer modernen, synkretistischen Weltanschauung durch die individuelle Kombination von stilistischen Mitteln. Ihre Motivwelt stellt jedoch weitreichende Bezüge zu Kunst und Literatur her. Die mythologische bis archetypische Tiersymbolik, die gegenseitige Durchdringung von Person und Umraum sowie die flexible Konstruktion von Bildräumen erinnern an symbolistisch und surrealistisch arbeitende Künstlerinnen wie Kiki Smith (*1954) oder Frida Kahlo (1907-1954).

Friada Kahlo “Self-Portrait with Monkey”, 40,64x30,38cm, oil on masonite, 1938, © Banco de Mexico

Kiki Smith “Sky”, 294,6x190,5cm, jacquard tapestry, Edition of 10, 2012

 Jedoch unterscheiden sich Yata’s Bilder durch die auf optische Effekte angelegte Formfindung. Ihre Schöpfungen bilden dabei ein fantastisches Potpourri aus Mischwesen und Biomorphismen, die das Leibliche versinnbildlichen und transzendieren. 

“In the Shadow of the Sun”, 137x223cn, Öl auf Leinwand, 2019

©G-allery

KULTURGESCHICHTE

Bilder sind Öffnungen in eine übergeschichtliche, überkulturelle Welt“ 

- Mircea Eliade 

In Hannah Yata’s Bildern ist eine universelle Mythologie verschlüsselt. Diese über Zeiten und geographische Räume hinweg bestehende Symbolik vermag es, Kulturen über eine bildliche Sprache miteinander zu verbinden. Die in ihr verborgenen Archetypen und Ideen bilden dabei gemeinsame Nenner. Erwachsen aus volkstümlichen Religionen, ihren Bildern, Erzählungen und Ritualen, fanden sie mit der Zeit auch Eingliederung in die großen, literarisch gestützten Weltreligionen, wie das Christentum oder den Islam. Die jeweiligen Narrationen und Motive bleiben sich dabei ähnlich. 

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DER PARADIESGARTEN

In der sogenannten westlichen Welt, in der das Christentum die präsenteste aller Religionen ist, wird man bei Yata’s Bildräumen zunächst an das Paradies, an Gottes Garten, denken. Diese Vorstellung steht in direkter Verbindung zu der Sehnsucht nach einer Ursprünglichkeit, der Vollkommenheit des Anfangs, die mit dem Einheitsgefühl des Menschen mit der Natur, der Nähe zum Göttlichen einhergeht. Doch diese Erfahrung ist auch die der archaischen Völker, deren ambivalente Götterwelt in der Natur wirksam ist. Auch hier bietet die „ursprüngliche“ Seinsweise Einheit mit und Kontakt zum Heiligen. 

In den Gemälden von Hannah Yata sehen wir diese mystische Erfahrung bildlich umgesetzt. Die von ihr geschaffenen Wesen sind nicht gut oder böse, sondern ambivalent, mit den Kräften der Natur um sie herum vereint. Durch die verwendeten. Motive wie Wasser als Zeichen der Erkenntnis, Tiere und Pflanzen, die Fruchtbarkeit implizieren sowie zahlreiche Vögel als Bildmetaphern der Seele, schließen ihre Werke an eine zeit- und weltumspannende Kulturgeschichte an. Gleichermaßen vollzieht Yata jedoch eine Umdeutung, eine Gegendarstellung zu beispielsweise den christlichen Interpretationen des Paradieses. Als hortus conclusus ist dieser Metapher für den unzugänglichen Schoß der Jungfrau Maria, wie zum Beispiel in der Kunst des Mittelalters und der Frührenaissance, bei Stefan Lochner oder Martin Schongauer

Stefan Lochner “Madonna im Rosenhang”, 50x40cm, Eichenholz, ca. 1450, ©Wallraf-Richartz-Museum

Martin Schongauer “Madonna im Rosenhang”, 200x115cm, Öl auf Holz, ca. 1473, ©Dominikanerkirche Colmar

  Dieser Vorstellung stellt Hannah Yata die Autonomie des weiblichen Körpers in seiner Nacktheit, Authentizität und Kraft gegenüber. Die von ihr gezeigten Figuren bewegen sich kraftvoll und mit einer Innerlichkeit, die die sozialen Projektionen auf den weiblichen Körper zurückweisen. Die Verhandlung von Sünde und gottesferner Leiblichkeit, im Sinne einer christlich-kirchlichen Interpretation, wandelt sich bei Yata in die Darstellung von Kräften, die im menschlichen Körper, wie auch in der Tier- und Pflanzenwelt gleichermaßen wirken. Der Mensch ist Natur und somit in sie eingebettet, wieder verbunden mit dem Göttlichen.

Die Frau ist dabei weder Sünderin noch Jungfrau. Sie verfügt autonom über ihren Körper und ist gleichzeitig durch ihn bestimmt. Der biblischen Erzählung nach, ist es die Erkenntnis von Gut und Böse und die folgende Vertreibung aus dem Paradies, die den Menschen auf seine Körperlichkeit geworfen hat. Auch dieses Ausgeliefertsein und die Verletzlichkeit thematisiert Yata, vermittelt aber gleichzeitig das Potenzial und die Verantwortung der Natur gegenüber.  

“Catalyst”, Öl auf Leinwand, 137x66cm, 2018

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MASKE & TATTOO

Ein prominentes Motiv in Yata’s Bildern ist die Verwandlung.

Die Köpfe der Frauengestalten sind durch maskenartige, mischgestaltige Aufsätze dargestellt. Wie in der archaisch-religiösen Tradition der Masken und Tätowierungen, wird der Körper hier zum Bildträger. Er ist Projektionsfolie für kulturelle Identität. In der griechischen Mythologie sind Mischwesen, wie der Satyr, meist unvollendete Gestalten, die durch ihre natürlichen Triebe bestimmt sind. Dieser Zusammenhang kann auch in Yata’s Bildern gelesen werden, jedoch ist er hier ergänzt um eine intentionelle Verwendung der Maske - als Werkzeug und Demonstration der Fluidität von Identität und Persönlichkeit.

Die so entstehenden Figuren, bleiben ohne ein lesbares Gesicht, unberechenbar und unverfügbar.  Die Bildwelt vieler archaischer Kulturen ist bevölkert von Göttern mit Tierköpfen. Es sind Sinnbilder für die Doppelnatur des Menschen, der einerseits Geist und andererseits Materie ist.

Von traditionell balinesischen Barong-Masken zu freien ornamentalen Kreationen – Körperbemalungen und Kopfschmuck dienen der Adelung, sind Ausdruck von Magie, Schönheit und kulturell geprägten Vorstellungen. In diesem Sinne zeigen Hannah Yata’s Bilder Körper, die durch bildliche Mittel lebendig gemacht und immer wieder neu definiert werden. Ihre Figuren tragen Symbolgehalt, verdeutlichen die Manipulierbarkeit des Gesichts und des Körpers als soziales Zeichen. 

“Oraculum”182x270cm, Öl auf Leinwand, 2019

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KOSMOLOGIE 

Die schamanische Ekstase lässt sich sowohl als Ursache wie als Folge der Erringung des paradiesischen Zustands auffassen.“ 

- Mircea Eliade 

Hannah Yata’s Bilder sind ein visuelles, kosmologisch anklingendes Fest. Eine ekstatische Verbildlichung der Natur als „Übernatur“, die mehr zu sein scheint als sie zeigt. Verortet ist sie in einer anderen Dimension, im Reich der Fantasie und Vorstellungskraft. Hier wird die Idee der Entstehung des Lebens aus einem Überfluss an Kraft und Kreationswille künstlerisch ausgedrückt. Yata findet Inspiration und Authentizität in der Tier- und Pflanzenwelt, in der schieren Leiblichkeit des weiblichen Körpers. Letzterer stellt die Parallele zum kosmologisch verstandenen Schöpfungsgeschehen, zum Motiv der terra mater, der Mutter Erde, her, die Entstehung und Wachstum des Lebens ermöglicht.

Die Feier der Frau als kreierende Göttin ist bei nahezu allen Naturvölkern zu finden und bietet Yata die Möglichkeit, eine Weiblichkeit zu vermitteln, die von der modernen kommerziellen Medienwelt abweicht. In der kosmologischen Ordnung der archaischen Religionen und Mythen wird die Natur als etwas kostbares empfunden. Der Mensch erfährt in ihr die Prinzipien und die Lebendigkeit des Lebens und kann sich somit selbst erkennen, indem er die Welt um sich herum erkennt.

Als Gegenprinzip zur Rationalisierung, die eine Trennung von Subjekt und Objekt etabliert, gibt diese Betrachtungsweise, wenn auch nur unterbewusst, den Sinn, das Gefühl einer eingebundenen Existenz, einer Zugehörigkeit zum Kosmos. In der Beschreibung eines „kollektiven Unbewussten“, nimmt der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung (1875-1961) an, dass religiöse Vorstellungen, Bilder, Symbole und Sehnsüchte auch in der psychologischen Welt des profanen Menschen weiterleben. In Form von Archetypen treten sie immer wieder hervor und sprechen uns auf einer affektiven Ebene beständig an. Sie sind Zeugnis eines nicht-intellektuellen, bildlich-intuitiven Erkenntnisvermögens, das dem rationalen Zugriff gleichwertig zur Seite steht. Indem Hannah Yata diese Urbilder und intuitiven Wirkkräfte verarbeitet, gelingt ihr eine künstlerische Vermittlung dieses psychologisch-kulturellen Zusammenhangs. 

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Verfügbaren Werke von Hannah Yata:

“Cradle of Sin”

121x121cm

Öl auf Leinwand

2019

“Conversations with Death”

91x137cm

Öl auf Leinwand

2019

“In the Shadow of the Sun”

223x137cm

Öl auf Leinwand

2019

“The Lady of Izu”

137x76cm

Öl auf Leinwand

2018

“Water Dancer”

Öl auf Holz

50x40cm

2019

“Oraculum”

182x270cm

Öl auf Leinwand

2019

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